Privatinsolvenz - außergerichtliche Schuldenbereinigung bis Restschuldbefreiung!
1. Ab wann ist das Verbraucherinsolvenzverfahren für mich sinnvoll?
Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Verbindlichkeiten (Schulden) so groß und die Einkünfte so gering sind, dass innerhalb der nächsten sechs Jahre die Schulden nicht abgezahlt werden können.
Sofern die vorhandenen Mittel jedoch noch nicht einmal ausreichen, um die aktuell fälligen Kreditraten oder Forderungen zu bedienen und die Gläubiger bereits mit der Zwangsvollstreckung oder Kündigung von Krediten begonnen haben, sollte man sich auf jeden Fall über eine Verbraucherinsolvenz Gedanken machen. Denn durch die Kündigung von Krediten sowie durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und die Abgabe der Forderungen an Inkassoinstitute wachsen die fälligen Forderungen auf Grund der nun anfallenden Kosten, Vorfälligkeitsentschädigungen, Schadenersatzforderungen und Verzugszinsen überproportional schnell, so dass man in der sogenannten „Schuldenfalle“ steckt.
Meist ist der einzige Ausweg aus der „Schuldenfalle“ das Verbraucherinsolvenzverfahren. Im Folgenden erklären wir die Möglichkeiten und Chancen dieses Verfahrens.
2. Was ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren? Was ist Ziel des Verfahrens?
Bei dem Verbraucherinsolvenzverfahren handelt es sich um ein speziell auf „Verbraucher“ zugeschnittenes Insolvenzverfahren. Gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren gibt es einige verfahrensrechtliche Vereinfachungen sowie Abwandlungen. Ziel des Verfahrens ist aber – genau wie bei der Regelinsolvenz – die Restschuldbefreiung, also die Befreiung von allen Schulden am Ende des Verfahrens. Dieses Ziel kann entweder durch einen Vergleich mit allen Gläubiger oder durch die Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht erreicht werden.
Die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:
- bei dem Schuldner muß es sich um eine natürliche Person handeln
- dieser darf keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben
Gegebenenfalls kommt das Verfahren auch bei ehemals Selbständigen in Betracht, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse, wenn der Schuldner nicht mehr als 20 Gläubiger hat. Für alle anderen Personen ist nur das Regelinsolvenzverfahren anwendbar. Auch hier helfen wir Ihnen gerne weiter.
Adressaten des Verbraucherinsolvenzverfahrens sind in der Regel Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und Sozialhilfeempfänger und Personen mit Einkünften, die nicht aus einer selbständigen wirtschaftlichen Betätigung resultieren (z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen).
3. Welche Stufen kennzeichnen den Verfahrensablauf?
Hat man nun festgestellt, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren das richtige Verfahren ist, so muß man sich nun mit dem Verfahrensablauf vertraut machen.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren gliedert sich in drei Abschnitte, von denen jeder nacheinander zu durchlaufen ist:
- außergerichtlicher Einigungsversuch
- gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
- (vereinfachtes) Insolvenzverfahren.
Die jeweils nachfolgende Stufe wird nur dann relevant, wenn das Verfahren auf der Vorstufe erfolglos war.
4. Was ist der außergerichtliche Einigungsversuch?
Im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren muß der Verbraucher, bevor er einen Insolvenzantrag bei Gericht stellen kann, nachweisen, dass eine Einigung mit den vorhandenen Gläubigern ernsthaft versucht worden ist und dass diese gescheitert ist. An diesen „außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch“ sowie dessen Nachweis knüpft das Gesetz strenge Anforderungen. (§ 305 I Nr. 1 InsO)
Der Schuldner muss also versuchen, mit allen Gläubigern eine außergerichtliche Einigung über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans herzustellen. Der Einigungsversuch muss ernsthaft unternommen und umfassend dokumentiert werden. Dieser ernsthafte Versuch ist durch eine geeignete Stelle im Sinne der Insolvenzordnung (unter anderem auch einem Anwalt) zu bescheinigen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Schuldner den außergerichtlichen Plan seinem Insolvenzantrag beizufügen sowie die wesentlichen Gründe seines Scheiterns darzulegen hat. Die Ausarbeitung eines schriftlichen Schuldenbereinigungsplans ist daher unumgänglich.
In dem Schuldenbereinigungsplan sind sämtliche Gläubiger mit ihren genauen Forderungen aufzulisten, möglichst ist auch der Forderungsgrund anzugeben. Dann ist bezüglich jedes einzelnen Gläubigers darzulegen, ob und in welcher Höhe sich der Schuldner für die Dauer eines bestimmten Zeitraums zu bestimmten Zahlungen oder aber zu einer Einmalzahlung verpflichtet, wobei die Gläubiger nicht schlechter gestellt werden dürfen, als sie im sich anschließenden Insolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung gestellt würden. Zu beachten ist auch, dass etwaig vorhandene Gläubigersicherungen berücksichtigt werden und der Inhalt des Schuldenbereinigungsplans vollstreckungsfähig ist. Darüber hinaus ist darzulegen, welche sonstigen Pflichten seitens des Schuldners zu erfüllen sind, um die Gläubiger zu befriedigen. Beispielsweise die Pflicht, sich bei Arbeitslosigkeit um eine neue Stelle zu bemühen oder einen Orts- oder Arbeitswechsel den Gläubigern unverzüglich mitzuteilen. Des Weiteren müssen die Folgen bei Annahme des Plans geregelt werden. Beispielsweise muss geregelt werden, dass sich die Gläubiger durch die Annahme des Plans verpflichten, den Schuldner nach Ende der Laufzeit von der Restschuld zu befreien und eventuell die Originaltitel herauszugeben. Bei Vereinbarung von Ratenzahlungen muss insbesondere eine Regelung für den Fall gefunden werden, falls der Schuldner mit der Zahlung einer oder mehrerer Raten in Verzug gerät. Schließlich bedarf es noch der Angabe über die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners.
Abgesehen von diesen Mindestanforderungen an den Schuldenbereinigungsplan kann dieser alle denkbaren Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen, z.B. Verzichte, Stundungen oder Ratenzahlungen.
Sofern noch ein gewisses Vermögen oder Einkünfte vorhanden sind oder zum Beispiel aus dem Familienkreis noch gewisse Mittel zur Verfügung gestellt werden können, ist die außergerichtliche Schuldenbereinigung eine gute Möglichkeit, mit allen Gläubigern einen Vergleich zu erzielen. Eine solche Chance sollte mit fachmännischer Unterstützung genutzt werden, da sie eine effektive Möglichkeit zur Entschuldung darstellt.
5. Wer kann einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan aufstellen?
Der Schuldner kann den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan selbst aufstellen. Scheitern allerdings die außergerichtlichen Verhandlungen und will der Schuldner einen Insolvenzantrag bei Gericht stellen, muss er dem Insolvenzantrag die Bescheinigung einer geeigneten Stelle über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs beifügen. Diese Bescheinigung erhält der Schuldner bei einer Schuldnerberatungsstelle, einem Rechtsanwalt, einem Notar oder einem Steuerberater. Voraussetzung zur Erteilung der entsprechenden Bescheinigung ist, dass der Schuldner eine Kopie der Schreiben und des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans mitbringt. Dieser muß den allgemeinen Voraussetzungen und Anforderungen genügen und der ernsthaften Einigungsversuch muß entsprechend umfassend dokumentiert sein. Um hier Fehler zu vermeiden, macht es also durchaus Sinn, wenn sich der Schuldner bei der Aufstellung des Schuldenbereinigungsplans direkt der Unterstützung einer qualifizierten Stelle, etwa einer Schuldnerberatung oder eines Rechtsanwalts, bedient.
6. Wer trägt die Kosten?
Für den außergerichtlichen Einigungsversuch erhält der Schuldner in der Regel durch die Gerichte keine Beratungshilfe mehr bewilligt, so dass er die Kosten für das Verfahren selbst zu tragen hat. Da die Kosten stark von dem Arbeitsumfang in dem jeweiligen Verfahren abhängig zu machen sind, kann hier eine pauschale Aussage nicht gemacht werden. Alleine für die außergerichtliche Schuldenbereinigung können die anwaltlichen Kosten in einem Bereich zwischen 300,- € und 1.000,- € liegen. Über die genauen Kosten im jeweiligen Verfahren und über Zahlungsbedingungen informieren wir gerne in einem ersten Beratungsgespräch.
7. Wie geht es weiter, wenn der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan von den Gläubigern angenommen wird?
Stimmen die Gläubiger - ohne Ausnahme - dem Plan zu, so kommt die außergerichtliche Einigung zustande. Der angenommene Plan entfaltet die Wirkung eines außergerichtlichen Vergleichs. So lange der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich nachkommt, sind auch die Gläubiger an den Vergleich gebunden. Sobald der Vergleich vollständig durch den Schuldner erfüllt ist, tritt die Rechtsfolge der Restschuldbefreiung ein.
Von einer solchen Einigung sind natürlich nur die Schulden erfasst, welche in dem Schuldenbereinigungsplan mit aufgenommen worden sind. Daher ist bei der Erstellung des Gläubigerverzeichnisses mit besonderer Sorgfalt vorzugehen.
8. Wie geht das Verfahren weiter, wenn der außergerichtliche Einigungsversuch scheitert?
Der außergerichtliche Einigungsversuch scheitert, wenn auch nur ein Gläubiger dem Plan nicht zustimmt bzw. ihm widerspricht oder diesen abändernd annimmt. Ebenfalls als gescheitert anzusehen ist der Plan, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem schon über den Plan verhandelt worden war. Sofern der Schuldenbereinigungsplan durch eine geeignete Stelle erstellt worden ist, wird diese auch das Scheitern der außergerichtlichen Schuldenbereinigung mit Hilfe des entsprechenden Formulars bescheinigen.
Der nächste Verfahrensschritt wird durch den Insolvenzantrag des Schuldners eingeleitet (Vordrucke sind abrufbar unter www.bmj.bund.de). Gerne unterstützen wir Sie auch hierbei. Der Antrag ist von dem Schuldner innerhalb von einem Zeitraum von sechs Monaten ab dem Scheitern des Schuldenbereinigungsversuches bei Gericht einzureichen. Wird der Insolvenzantrag später bei dem Gericht eingereicht, so ist die außergerichtliche Schuldenbereinigung erneut durchzuführen. Zusammen mit dem Antrag bzw. unverzüglich nach der Stellung des Antrags sind folgende Unterlagen vorzulegen:
- eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle über den erfolglosen Versuch einer Schuldenbereinigung innerhalb der letzten sechs Monate. Der Plan ist beizufügen und das Scheitern des Plans muss dargelegt werden.
- einen Antrag auf Restschuldbefreiung oder die Erklärung, dass keine Restschuldbefreiung beantragt wird,
- Vermögens-, Einkommens-, Gläubiger-, Forderungsverzeichnisse und eine Vermögensübersicht samt einer Erklärung über die Richtigkeit der Angaben,
- einen Schuldenbereinigungsplan. Der Plan kann dem vorherigen Plan für den außergerichtlichen Einigungsversuch entsprechen, obwohl dieser misslungen ist.
Das Gericht entscheidet nach Eingang des Insolvenzantrags nach freiem Ermessen, ob es zunächst ein Schuldenbereinigungsverfahren durchführt oder direkt das Insolvenzverfahren eröffnet.
Unabhängig von dem Schuldner kann auch jeder Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen. Der Schuldner wird dann aufgefordert, ggf. einen eigenen Insolvenzantrag zu stellen. Dies ist in der Regel ratsam, da nur bei einem Eigenantrag des Schuldners ein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt werden kann. Ist man unsicher, sollte man bei einem Gläubigerantrag auf jeden Fall rechtlichen Rat in Anspruch nehmen, da ein Fremdantrag/Gläubigerantrag erhebliche Folgen haben kann.
9. Wie läuft das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ab?
Hat sich das Gericht entschieden, ein Schuldenbereinigungsverfahren durchzuführen, ruht das Verfahren zur Eröffnung der Insolvenz, bis über die Schuldenbereinigung entschieden worden ist.
Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner genannten Gläubigern den Schuldenbereinigungsplan sowie die Vermögensübersicht zu und gibt den Gläubigern Gelegenheit, die Angaben bzgl. ihrer Forderungen im Forderungsverzeichnis zu überprüfen und falls erforderlich zu ergänzen.
Gleichzeitig fordert das Gericht die Gläubiger auf, innerhalb eines Monats zu den Verzeichnissen und zu dem Schuldenbereinigungsplan Stellung zu nehmen. Die Aufforderung wird mit dem Hinweis verbunden, dass – im Gegensatz zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung - bei nicht rechtzeitiger Stellungnahme das Einverständnis mit dem Plan als erteilt gilt und nicht geltend gemachte Forderungen erlöschen.
Da unter Umständen Ablehnungen einzelner Gläubiger durch das Insolvenzgericht ersetzt werden können, kann es durchaus Sinn machen, auf die Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanes zu dringen, wenn der Schuldenbereinigungsplan nur an einer Gläubigerminderheit gescheitert ist. Richtig eingesetzt kann das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ein wirksames Mittel zur Entschuldung sein! Die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hier zu erläutern, würde jedoch zu weit gehen. Gerne führen wir dies in einem persönlichen Beratungsgespräch genauer aus.
10. Wie geht es weiter, wenn die Gläubiger dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zustimmen oder die Zustimmungen durch das Insolvenzgericht ersetzt werden?
Das Insolvenzgericht stellt die Annahme des Schuldenbereinigungsplans durch Beschluss fest. Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung der Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen, so dass kein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Der Schuldner hat nun seine Verbindlichkeiten entsprechend dem Plan zu begleichen. Der Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs und ist damit ein zivilrechtlicher Vollstreckungstitel. Zahlt der Schuldner nicht, so kann sich jeder Gläubiger wieder selbst um die Realisierung seiner gesamten im Plan niedergelegten Ansprüche kümmern, also ggf. die Zwangsvollstreckung betreiben. Erfüllt der Schuldner seinen Teil des Vergleichs, so wird er schuldenfrei!
11. Wie geht das Verfahren weiter, wenn auch das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren scheitert?
Scheitert das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren, so wird das bis dahin ruhende Insolvenzantragsverfahren von Amtswegen wieder aufgenommen. Es ist kein neuer Antrag erforderlich.
12. Was kostet ein Insolvenzverfahren ?
Da es sich bei dem „Verbraucher“-Insolvenzverfahren um ein gerichtliches Verfahren handelt, fallen Gerichtskosten und sonstige Verfahrenskosten wie etwa Kosten für den Treuhänder an. In der Regel wird das Insolvenzverfahren erst eröffnet, wenn diese Kosten gesichert sind. Sollte der Schuldner hierfür nicht genügend Geld haben, so kann er einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stellen. Diesem wird in der Regel entsprochen.
Das bedeutet, dass das Gericht die Verfahrenskosten als „Darlehen“ vorstreckt und das Insolvenzverfahren eröffnet. Sofern im Rahmen des Insolvenzverfahrens „Masse“ anfällt, wird diese vorrangig zur Deckung der Verfahrenskosten verwandt. Sollte bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung nicht genügend Geld erwirtschaftet worden sein, so haftet der Schuldner noch vier Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung für die Verfahrenskosten, da diese nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden.
Sollte der Schuldner einen Anwalt mit dem Insolvenzverfahren beauftragen, so entstehen zusätzlich zu den vorgenannten Kosten Honoraransprüche des jeweiligen Anwaltes entsprechend des RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes). Grundsätzlich wird bei Insolvenzverfahren von den Gerichten Prozeßkostenhilfe nur in absoluten Ausnahmefällen gewährt. Dabei müssen neben der Bedürftigkeit noch wesentliche weitere Gründe vorliegen. In der Regel sind diese Kosten also auch von dem Schuldner zu zahlen.
13. Wie läuft das „Verbraucher“- Insolvenzverfahren ab?
Voraussetzung für die Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens ist das Vorliegen eines Insolvenzgrundes. In Betracht kommen Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit. Zahlungsunfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine Zahlungsverpflichtungen im Zeitzpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
Mit der Feststellung des Insolvenzgrundes und dass die Kosten des Verfahrens voraussichtlich durch die Masse gedeckt oder aber gestundet sind, wird zunächst ein Eröffnungsbeschluss ergehen. Dieser wird öffentlich bekannt gemacht und den Gläubigern sowie dem Schuldner zugestellt. In dem Eröffnungsbeschluß wird der zuständige Treuhänder von dem Gericht festgelegt. Mit dem Eröffnungsbeschluß beginnt die sechsjährige Frist bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung zu laufen. Die Gläubiger werden zur Forderungsanmeldung aufgefordert. Es gibt einen Prüftermin, in dem die angemeldeten Forderungen vom Gericht geprüft werden. In einfach strukturierten Fällen, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind, kann das Verfahren auch ganz oder teilweise schriftlich durchgeführt werden.
Während des eröffneten Insolvenzverfahrens sowie während der Wohlverhaltensperiode ist für die Insolvenzgläubiger die Einzelzwangsvollstreckung untersagt, da es sich bei dem Insolvenzverfahren um ein Gesamtvollstreckungsverfahren handelt. Das Vollstreckungsverbot gilt nicht für Neugläubiger.
14. Was ist ein Treuhänder? Welche Aufgabe hat er?
Der Treuhänder wird im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzgericht bestellt, i.d.R. werden dies Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer sein. Auf ihn geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht bzgl. des Vermögens des Schuldners über. Seine Stellung entspricht somit weitgehend der des Insolvenzverwalters im regulären Insolvenzverfahren.
Während des Insolvenzverfahrens nimmt der Treuhänder die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Vermögensmasse des Schuldners vor. Sinn des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist es, alle Vermögenswerte des Schuldners zu erfassen und zu Geld zu machen, sofern diese nicht den Pfändungsschutzvorschriften unterliegen, um vorrangig die Verfahrenskosten und nachrangig die Forderungen der Gläubiger zu bedienen. Dabei ist der Treuhänder Interessenvertreter der Gläubiger und nicht des Schuldners in dem Insolvenzverfahren. In dem eröffneten Insolvenzverfahren hat der Treuhänder erhebliche Befugnisse und alle Vermögenswerte (Erbschaften, Versicherungen, Spielgewinne, Steuererstattungen, Einkünfte, …) werden durch Ihn verwertet. Sobald diese Vermögensverwertung abgeschlossen ist, wird die erlangte Masse im Rahmen der sogenannten Schlußverteilung verteilt und das Insolvenzverfahren wird beendet. An das gerichtliche Insolvenzverfahren schließt sich die so genannte Wohlverhaltensperiode an.
15. Was ist unter der Wohlverhaltensperiode zu verstehen?
Das Gericht stellt im Schlusstermin die Ankündigung der Restschuldbefreiung fest, soweit dem keine Versagungsgründe entgegenstehen. Der Beschluss weist darauf hin, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er während seiner sechsjährigen Wohlverhaltensperiode bestimmte Obliegenheiten erfüllt und Versagungsgründe während dieser Zeit oder danach nicht auftreten.
Während der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner seine Arbeitskraft nutzen und aus den Erlösen den pfändbaren Teil an seine Gläubiger abführen. Dabei muss der Schuldner insbesondere jede zumutbare Arbeit annehmen.
Seine pfändbaren Arbeitseinkünftige tritt der Schuldner an einen vom Gericht zu bestimmten Treuhänder ab. Dessen Hauptaufgabe ist es nunmehr, die abgetretenen Lohn- und Gehaltsansprüche des Schuldners einzuziehen und sie an die Insolvenzgläubiger einmal jährlich abzuführen.
Die Abtretungserklärung erfolgt bereits mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung. Die Abtretung erfasst alle pfändbare Dienstbezüge und Leistungen der Sozialversicherungsträger (Renten, Arbeitslosengeld und Erwerbsunfähigkeitsrenten).
Folgende Obliegenheiten werden dem Schuldner während der Wohlverhaltensperiode auferlegt:
- Der Schuldner hat eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, sich zumindest um eine solche zu bemühen und darf dabei keine zumutbare Tätigkeit ablehnen.
- Bei selbständiger Tätigkeit muss er durch Zahlungen an den Treuhänder die Insolvenzgläubiger so stellen, als ob er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen sei.
- Ererbtes Vermögen hat der Schuldner zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben.
- Den Schuldner trifft die Pflicht, jeden Wohnsitz und Arbeitsplatzwechsel unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen.
- Der Schuldner darf keine von der Abtretung erfassten Bezüge oder eventuelle Erbschaften verheimlichen.
- Auf Aufforderung des Gerichts oder des Treuhänders muss der Schuldner Auskunft über seine Erwerbstätigkeit, sein Bemühen um eine solche sowie über Einkünfte und Vermögen erteilen.
- Schließlich darf der Schuldner Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder leisten und er darf keinem Gläubiger einen Sondervorteil verschaffen.
16. Wann wird die Restschuldbefreiung bewilligt?
Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode entscheidet das Gericht durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Diese wird insbesondere gewährt, wenn sich der Schuldner keiner Obliegenheitsverletzung schuldig gemacht hat. Es kommt nicht darauf an, ob und in welcher Höhe die Gläubiger befriedigt worden sind. Die Restschuldbefreiung wirkt gegen alle Insolvenzgläubiger, auch gegen solche, die ihre Forderung nicht angemeldet haben. Die Restforderungen sind dann nicht mehr durchsetzbar.
17. Welche Gründe gibt es, die zu einer Versagung der Restschuldbefreiung im Schlusstermin des Insolvenzverfahrens führen können?
Im Schlusstermin des Insolvenzverfahrens entscheidet das Gericht über den Antrag auf Restschuldbefreiung. Eine Versagung der Restschuldbefreiung kann erfolgen, wenn ein Gläubiger dies beantragt und ein Versagungsgrund vorliegt. Dabei kommen folgende abschließende Gründe in Betracht:
- Der Schuldner ist wegen Insolvenzdelikten verurteilt worden,
- der Schuldner hat in den letzten drei Jahren vor dem Eröffnungsantrag oder danach unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
- der Schuldner hat im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach die Befriedigung der Gläubiger dadurch beeinträchtigt, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
- der Schuldner hat während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt,
- der Schuldner hat in den mit dem Insolvenzantrag vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder
- der Schuldner hat in der Verbraucherinsolvenz trotz Fristsetzung den zur Vermeidung zur Verwertung bestimmten Betrag nicht gezahlt.
Alle diese Versagungsgründe beruhen auf dem Grundsatz, dass nur ein redlicher Schuldner, der sich seinen Gläubigern gegenüber nichts hat zuschulden kommen lassen, Restschuldbefreiung erhalten soll.
Wird die Restschuldbefreiung versagt, so leben alle im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen wieder in voller Höhe nebst Zinsen, Kosten etc. auf und können durch die Gläubiger wieder vollstreckt werden. Weiterhin kann der Schuldner in den nächsten zehn Jahren keinen erneuten Restschuldbefreiungsantrag stellen.
Festzuhalten bleibt, dass es sich bei dem Insolvenzrecht um eine sehr spezielle Materie handelt, die als Laie nicht einfach zu durchschauen ist. Um hier Fehler zu vermeiden, die im einfachsten Falle nur Zeit kosten, leicht aber auch viel Geld oder die Versagung der Restschuldbefreiung bedeuten können, empfiehlt es sich, fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch wenn diese zusätzliches Geld kostet. In der Regel ist dieses Geld gut angelegt. Gerne informieren wir Sie in einem ersten Beratungstermin zu überschaubaren Kosten über Möglichkeiten und Vorgehensweisen speziell für Ihren Fall.
Mit freundlichen Grüßen
Marc Piegsa
Rechtsanwalt
Quelle: Rechtsanwalt Marc Piegsa